Horst hält mit seinen Mitarbeitern jeden Freitag das wöchentliche Team-Meeting ab, in dem alle Mitarbeiter auf den neuesten Informationsstand gebracht und der aktuelle Status laufender Projekte abgeglichen werden soll. Das Meeting ist für 9.30 Uhr angesetzt. Nicht selten kommt es aber vor, dass die Mitarbeiter unpünktlich oder in manchen Fällen sogar überhaupt nicht erscheinen. Das gefällt Horst nicht. Er denkt sich: „Ich muss als Führungskraft viel konsequenter werden!“ Somit legt er fest, dass ab sofort Pünktlichkeit beim Meeting oberstes Gebot ist und eine Teilnahme-Pflicht besteht. Andernfalls wird es zu Sanktionen kommen. Im nächsten Meeting erscheint Horst selbst um über 15 Minuten zu spät und erklärt dem vollständig anwesenden Team, dass er noch eine wichtige Besprechung mit Herrn Wölfel, dem IT-Leiter des Unternehmens, hatte. Im Meeting der darauffolgenden Woche fehlt zum Start um 9.30 Uhr wieder die halbe Mannschaft…
Die Mitarbeiter haben grundsätzlich sofort verstanden, was Horst von ihnen wollte und auch entsprechend reagiert.
Alle waren beim Meeting pünktlich anwesend. Denn schließlich bedeutet Inkonsequenz und Unverbindlichkeit Verschwendung und kann für ein Unternehmen einen erheblichen Schaden oder einen Nachteil gegenüber möglicher Mitbewerber bedeuten.
„Was sind denn schon 15 Minuten in einem Meeting?“ wirst Du Dir jetzt denken.
Dazu sage ich: „Eine ganze Menge!“. Wenn ich diese 15 Minuten nämlich mit den zehn Mitarbeitern multipliziere, die in dieser Zeit unproduktiv gewartet haben, dann sind das schon 2,5 Stunden. Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass diese Mitarbeiter einen durchschnittlichen Stundensatz von 50 Euro für das Unternehmen kosten, dann ist durch die kleine Verspätung ein Schaden von 125 Euro entstanden. Das ist natürlich einmalig für ein liquides Unternehmen leicht verkraftbar, hat sich der Schlendrian jedoch überall eingeschlichen und passieren solche Dinge in allen Abteilungen mehrmals die Woche, dann summiert sich die jährliche Schadenssumme in einem mittelgroßen Unternehmen schnell auf 50.000 Euro oder mehr.
Leider hat Horst es allerdings verabsäumt, seine Vorbildfunktion zu erfüllen und damit zukünftigen Disziplinlosigkeiten und Unverbindlichkeiten wieder die Türen geöffnet.
Wer Konsequenz von seinen Mitarbeitern fordert, muss zunächst einmal selbst vorzeigen, dass er es ist.
Ohne Wenn und Aber und ohne Ausreden. Das Gespräch mit dem IT-Leiter mag ja wichtig gewesen sein, hätte aber auf jeden Fall auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden müssen.
Das Gegenteil von Unverbindlichkeit ist Verbindlichkeit und diese erreicht man in erster Linie mit Konsequenz. Als erfolgreiche Führungskraft ist es daher erforderlich, sein Team konsequent zu führen. Das bedeutet, verbindliche Ziele zu definieren und für die Umsetzung geeignete Maßnahmen mit den Mitarbeitern zu vereinbaren.
Die Mitarbeiter müssen natürlich das Gefühl haben, dass Dir die Erreichung dieser Ziele wichtig ist. Aus diesem Grund ist es unbedingt erforderlich, den Fortschritt regelmäßig zu überprüfen und zu hinterfragen. Andernfalls entsteht der Anschein, dass Dir die Ergebnisse und die Maßnahmen egal sind und die Mitarbeiter werden sich entsprechend verhalten und ebenso unverbindlich agieren. Das ist der Beginn der Unverbindlichkeits-Abwärtsspirale.
Hier ein paar Tipps, wie Du Verbindlichkeit und Konsequenz in Deine Führungsarbeit bringst:
- Vermittle klare Botschaften! Ein Großteil Deiner Führungsaufgabe erfolgt über Sprache. Vermeide daher unkonkrete Formulierungen, unpersönliche Sprache oder den Konjunktiv. Beispiele? „Man könnte…“, „Es sollte…“, „Eigentlich, „Möglicherweise“, „mehrere“ statt der genauen Menge. Sprich also klar und eindeutig. Sende Ich-Botschaften, sage „Ja!“ und „Nein!“.
- Lasse Deinen Worten Taten folgen: wenn Du etwas sagst und dann etwas anderes tust, entsteht Inkongruenz. Deine Mitarbeiter werden nicht mehr wissen, woran sie sich nun halten sollen. Dabei geht es oft um Kleinigkeiten. Wenn Du einen Termin hast, dann halte ihn ein. Wenn Du Deinem Mitarbeiter sagst, dass Du bis Freitag eine Entscheidung treffen wirst, dann teile ihm diese Entscheidung auch spätestens am Freitag mit. Dein Wort muss als Ehrenwort gelten. Überlege doch einmal nur kurz: wie geht es Dir selbst mit Vorgesetzten, die sich nie an ihre Versprechen halten?
- Eine Forderung nach der anderen! Es hat keinen Sinn und wird auch nicht funktionieren, wenn Du versuchst, von einem Tag auf den anderen alles zu ändern. Damit überforderst Du Dein Team und auch Dich selbst. Denn Du wirst mit der Kontrolle nicht hinterherkommen. Es braucht seine Zeit, bis sich Deine Mitarbeiter an die neue Gangart gewöhnen. Auch wenn die Versuchung groß ist: verändere nicht alles sofort. Überlege Dir zunächst lieber maximal zwei bis drei Dinge, die Dir wirklich wichtig sind und beginne bei diesen, Verbindlichkeit einzufordern.
- Schriftlichkeit schafft Verbindlichkeit: halte daher alle Vereinbarungen mit Deinem Mitarbeitern schriftlich fest. Es geht nicht darum, alles bis ins kleinste Detail auszuformulieren. Eine kurze Nachricht mit dem gewünschten Ergebnis ist in den meisten Fällen schon völlig ausreichend, um Deinen Mitarbeitern zu zeigen, dass Du es wirklich ernst meinst. Mache am Ende jeder Vereinbarung eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte.
- Hol Dir das Einverständnis für den Auftrag ab! Dabei muss von allen Beteiligten ein klares Zustimmungssignal kommen. Das beliebte „Schweigen ist Zustimmung!“ ist in diesem Fall allerdings zu wenig und schafft keine Verbindlichkeit. Gehe daher auf Nummer sicher und hole Dir das Einverständnis jedes Einzelnen ein.
- Das WARUM ist einerseits wichtig und andererseits völlig irrelevant. Wichtig ist es, wenn Du Deinen Mitarbeitern erklärst, warum Du etwas von ihnen haben möchtest. Zeige ihnen Trends auf und verdeutliche Wirkungen und Zusammenhänge. Mit dieser „transformationalen Führung“ holst Du sie ins Boot und sie verstehen Deine Beweggründe. Wer Leistung von seinen Mitarbeitern fordert, muss ihnen zunächst Sinn bieten. Nachdem Du allerdings das Warum erklärt hast und es auch verstanden und akzeptiert wurde, ist es völlig irrelevant, warum ein Mitarbeiter etwas nicht macht. Schließlich kannst Du davon ausgehen, dass er oder sie Dein Anliegen verstanden hat, nachdem Du es ausführlich erklärt hast. In dem Fall liegt es wieder an Dir, das richtige Verhalten konsequent einzufordern.
- Vergebe Aufträge so, dass sie messbar und damit nachprüfbar sind. Wenn Du Deinem Mitarbeiter sagst, dass er künftig seine E-Mails effizienter bearbeiten soll, wird er nicht wissen, was er genau machen soll und Du wirst einen möglichen Fortschritt auch nicht messen können. Wenn Du ihm hingegen sagst, dass Du erwartest, dass alle Kundenanfragen längstens innerhalb von 24 Stunden beantwortet werden müssen, dann ist die Vorgabe klar und auch messbar. Frage nach Auftragsvergaben bei Deinen Mitarbeitern zusätzlich nicht nur nach, OB sie den Auftrag verstanden haben, sondern WAS sie verstanden haben. Die Ergebnisse dabei können sehr überraschend sein und bilden den Ausgangspunkt für künftige Verbesserungen in Sachen Klarheit und Verbindlichkeit.
- Lege Sanktionen für Vergehen fest. Es geht dabei nicht um drastische Strafen – oft reichen auch Maßnahmen mit kleiner Symbolwirkung. So kannst Du beispielsweise Verspätungen bei Besprechungen ahnden, in dem jeder, der zu spät kommt, einen bestimmten Betrag in eine Gemeinschaftskasse einzahlen muss. Selbst verpflichtest Du Dich dabei, das Doppelte einzuzahlen, wenn Du zu spät kommst. Nach einem bestimmten Zeitraum kann das Geld für eine gemeinsame Feier verwendet oder für einen guten Zweck gespendet werden. Vergiss aber dabei auch nicht, in regelmäßigen Abständen das Verhalten Deiner Mitarbeiter zu honorieren oder zumindest positiv zu erwähnen, wenn alles zu Deiner Zufriedenheit verläuft.
Wenn Du als Führungskraft neu bist, kommt Dir das vielleicht alles ein wenig kleinkariert vor. Du willst wahrscheinlich nicht den harten Chef geben und zu viel Druck ausüben. Schließlich hast Du es mit erwachsenen, vernünftigen Menschen zu tun und die werden ihre Sache schon ordentlich machen.
Leider ist die Selbstständigkeit, die Du von Deinen Mitarbeitern erwartest, in der Praxis nichts als ein frommer Wunsch.
Auch wenn es sich am Anfang vielleicht etwas komisch anfühlt: Aufgaben mit Verantwortlichkeiten und Deadlines zu vergeben, ist eine der wichtigsten Grundtugenden jeder guten Führungskraft. Du erteilst ja keine Befehle, sondern triffst entsprechende Vereinbarungen mit Deinen Mitarbeitern (die sie auch verstehen werden, wenn Du ihnen die Beweggründe dafür erklärst).
Abgesehen von dem entstehenden Chaos und der Unproduktivität, die durch fehlende Verbindlichkeit entsteht, leiden auch Deine Mitarbeiter unter diesem „Verbindlichkeits-Vakuum“. In so einer Situation wissen sie nie genau, woran sie wirklich sind. Sie werden sich unterschiedliche Fragen stellen:
- Soll ich jetzt etwas machen oder nicht?
- Was soll ich denn genau machen?
- Wer braucht denn das und warum?
- Bis wann sollte ich damit fertig sein und ist es wichtiger, als die anderen Aufgaben, die ich derzeit erledigen soll?
Wenn dann auf einmal aus Deinem saloppen „Wir sollten irgendwann…“ Dringlichkeit entsteht, kommt der Druck unerwartet und bringt die Mitarbeiter erst recht aus der Fassung.
Die Verbindlichkeit ist natürlich auch immer eine Frage der generellen Unternehmenskultur. Das kann natürlich berücksichtigt werden, allerdings gilt es nicht als ewige Ausrede für Unverbindlichkeit.
Im Gegenteil: Beginne Du damit, die Unternehmenskultur zu ändern!
Übungsaufgabe:
Überlege Dir, was Dir als Führungskraft wichtig ist, wie Du es an Deine Mitarbeiter kommunizieren willst und welche Sanktionen Du im Vergehensfall setzt.
Zusammenfassung:
- Sei verbindlich und konsequent!
- Vermittle klare Botschaften und Aufträge!
- Erkläre Deinen Mitarbeitern die Hintergründe!
- Lege Sanktionen für Vergehen fest!
- Sei das leuchtende Vorbild, wenn die Unternehmenskultur nicht Deinen Vorstellungen von Verbindlichkeit entspricht!
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