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Kann ein Buch die Führungskultur eines Unternehmens verändern? (Gastartikel)

Gastbeitrag von Detlev Gebhard.

Diplom-Kommunikationswirt, ehemaliger Bankdirektor, seit 2009 selbstständig als Coach, Berater und Dozent in den Bereichen Führung, Motivation und Innovation.

Wann haben Sie das letzte Mal ein Buch zum Thema Führung gelesen? Wann haben Sie zum letzten Mal ein Seminar zum Thema Führung besucht? Was haben Sie daraus mitgenommen? Haben Sie Ihr Führungsverhalten nach dem Lesen des Buches oder nach dem Besuch des Seminars spürbar verändert?

Diese Fragen stelle ich regelmäßig den Teilnehmern an meinen Seminaren und Workshops. Und die Antworten lassen mich zu dem Schluss kommen: Kaum jemand ändert sein Verhalten nach dem Lesen eines Buches oder dem Besuch eines Seminars.

Aber warum nicht? Sind die Bücher und Seminare so schlecht, dass man aus ihnen einfach nichts lernen kann? Oder glauben alle Führungskräfte, dass sie so perfekt in ihrem Führungsverhalten sind, dass es beim besten Willen nichts mehr zu verbessern gibt?

Beides trifft in der Regel nicht zu. Wir lesen das Buch oder nehmen am Seminar teil und zumindest hin und wieder nicken wir innerlich und denken: „Ja, das könnte ich übernehmen oder zumindest mal ausprobieren!“

Wenn das Buch interessant oder der Referent besonders gut war, dann versetzt uns das manchmal sogar in eine leichte Euphorie und wir nehmen uns vor, ab morgen doch so manches anders zu machen. Und dann sitzen wir wieder im Büro. Der Vorstand will mal eben schnell eine Auswertung, der Termin mit dem neuen Konzept drückt ganz schrecklich und dann meldet sich auch noch Frau Müller krank. Das Buch? Das Seminar? Woran wollte ich eigentlich denken?

Aus den Augen. Aus dem Sinn! Aber was läuft da schief? Ob Buch oder Seminar – es braucht ein Konzept, das extrem einfach zu realisieren ist.

Der Weg, den ich mit meinem Buch „Führen Sie mit Herz, Verstand & Mut“ gegangen bin, hat mich zu 33 sehr konkreten Führungsgrundsätzen geführt, von denen man an jedem Tag nur einen einzigen anwenden muss – sofern sich die Gelegenheit bzw. Notwendigkeit ergibt. Jeder Führungsgrundsatz wird auf einer Seite erläutert und endet in einer konkreten Handlungssaufforderung, die nur zwischen zwei und acht Zeilen lang ist. Und wenn man mit den 33 Grundsätzen durch ist, fängt man wieder vor vorne an. So lange, bis einem alle Führungsgrundsätze in Fleisch und Blut übergegangen sind. Kleine Tipps mit riesiger Wirkung auf das Arbeits- und Leistungsklima, auf Motivation, Engagement und Arbeitsfreude.  Einfacher geht es nicht. Ein Beispiel nachstehend:

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Führungsgrundsatz Nr. 1

„Gibt es irgendetwas, womit Sie nicht zufrieden sind? Gibt es irgendetwas, was ich für Sie tun kann?“

Wenn Sie diese beiden Fragen zum ersten Mal stellen, werden Ihre Mitarbeiter voraussichtlich so perplex sein, dass ihnen nichts einfällt. Oder sie werden sich nicht trauen, offen zu sagen, was sie bewegt oder stört. Dann sollten Sie auf keinen Fall innerlich mit den Schultern zucken und sagen oder denken: “Na, prima, dann ist ja alles in Butter!” Sagen Sie stattdessen:

“Ich meine das ernst. Ich will, dass Ihnen Ihre Arbeit so viel Spaß macht wie möglich. Denken Sie in Ruhe darüber nach: Gibt es irgendetwas, womit Sie nicht zufrieden sind? Gibt es irgendetwas, was ich für Sie tun kann? Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass ich sofort eine Lösung parat habe. Ich kann Ihnen nicht einmal versprechen, dass wir eine Lösung finden. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich mich mit allem, was Sie mir sagen, ernsthaft auseinandersetzen werde. Wenn Sie einen konkreten Vorschlag mitbringen, umso besser. Wenn nicht, dann werden wir gemeinsam überlegen, ob es eine Lösung gibt und wie diese aussehen könnte. Also: Wann immer Sie etwas auf dem Herzen haben – bitte sprechen Sie mich an!”

Das Ziel: Räumen Sie alles aus dem Weg, was die Motivation und das Engagement Ihrer Mitarbeiter beeinträchtigt! Hasso Plattner, der Mitbegründer des heutigen Global Players SAP, hat einmal gesagt: “Unternehmen können ihre Kunden nur glücklich machen, wenn auch ihre Mitarbeiter glücklich sind.” Machen Sie Ihre Mitarbeiter glücklich!

Der Tagestipp: Stellen Sie jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin immer wieder einmal die beiden Fragen und setzen Sie um, was möglich ist. Zum ersten Mal können Sie die beiden Fragen allen gemeinsam im nächsten Team-Meeting stellen. Am besten gleich morgen.

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Stellen Sie sich einmal vor, Sie übernähmen eine neue Abteilung und stellten in der ersten Besprechung diese beiden Fragen. Einen besseren Einstand könnten Sie kaum feiern.

Nun stellt sich allerdings die nächste Frage: Warum sollen ausgerechnet diese Tipps gut sein? Wie sind sie entstanden?  Entstanden sind sie, indem ich Dutzenden von Teilnehmern an meinen Seminaren immer wieder die folgenden Fragen gestellt habe:

Wie muss sich eine Führungskraft verhalten, damit ihre Mitarbeiter mit Arbeitsfreude, Motivation, Engagement und Leistungsbereitschaft bei der Sache sind? Was muss die Führungskraft ganz konkret tun? Und was darf sie auf gar keinen Fall tun?

Das Ergebnis sind die 33 Führungsgrundsätze. Sehr konkret. Nicht am grünen Tisch entstanden. Keine graue Theorie, sondern Praxis pur.

Nun gut, den Leser oder die Leserin, die einzelne Führungskraft, mag man mit einem Buch erreichen, aber wie schafft man es, die Führungskultur eines ganzen Unternehmens zu verändern?

Es gibt nur einen Weg: Das Buch muss die Personen an der Spitze des Unternehmens oder einer öffentlichen Verwaltung davon überzeugen, dass es sinnvoll ist, die Führungs-grundsätze im Unternehmen zu verbreiten. Dabei muss die Geschäftsleitung sie keineswegs von vornherein eins zu eins übernehmen. Viel sinnvoller ist es, wenn man die Führungskräfte ins Boot holt, sie um ihre Meinung bittet und ihnen anbietet, Änderungsvorschläge zu unterbreiten.

Mein Tipp an alle Geschäftsleitungen: Suchen Sie sich ein Buch zum Thema Führung, das in so vielen Punkten wie möglich Ihren Intentionen entspricht. Verteilen Sie es an Ihre Führungskräfte oder entwickeln Sie auf dieser Basis eigene Führungsgrundsätze. Man muss das Rad nicht neu erfinden. Es gibt wirklich gute Bücher zum Thema Führung, die als Grundlage dienen können. Ich hoffe, meins ist eines davon.

Martin Schmidt

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