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Umgang mit Stinkstiefel Teil 5: Der Schlauberger

Wenn jeder Mitarbeiter im Team alles wissen würde, dann würden auch alle Geschäftsprozesse reibungslos funktionieren und alle Manager wären glücklich und würden mit einem Dauergrinsen durch die Bürogänge laufen. Im echten Geschäftsleben sind Mitarbeiter, die wirklich viel wichtiges Wissen für das Unternehmen haben, oft selbstgefällig, ungeduldig, sonderbar, zerstreut, geistesabwesend oder hochnäsig.

Und dann gibt es noch diejenigen, die nur glauben, alles zu wissen und dabei aber weder übermäßig intelligent, kreativ, schnell oder besonders kompetent sind. Aber sie würden es Dir niemals glauben, wenn Du Ihnen das so sagst.

Sie agieren weiterhin als Schlauberger, auch wenn alle anderen eine differenzierte Meinung vertreten. Dabei sind sie mit einem Übermaß an Selbstbewusstsein ausgestattet und würden andere wahrscheinlich nie um Unterstützung bitten. Lieber „schwindeln“ sie sich selbst durch ihre Aufgaben. Es dauert manchmal schon eine Zeit, bis man die daraus resultierenden Fehler erkennt und den Schlauberger als solchen entlarvt.

Beispiel:

Kerstin arbeitet in einem kleinen IT-Betrieb. Als eines Tages das Telefon ihres Vorgesetzten läutet, der gerade nicht im Büro ist, geht sie ran und klärt eine Reklamation eines wichtigen Geschäftskunden ab, dessen Laptop nicht mehr funktioniert. „Herr Berger, ich erledige das für Sie! Sie bekommen noch heute ein neues Gerät!“ tönt sie selbstbewusst ins Telefon. Herr Berger bedankt sich bei Kerstin und sagt ihr noch beiläufig, dass der defekte Laptop an der Rezeption zur Abholung bereitliegt. „Ach, das ist doch gar nicht notwendig. Entsorgen Sie das Ding doch bitte einfach!“ antwortet sie darauf.

Kerstin ist sich ihrer Sache so sicher, dass Herr Berger gar nicht erst nachfragt, obwohl es ihm doch etwas eigenartig vorkommt, einen fast neuen Laptop einfach zu entsorgen, nur weil die Tastatur nicht richtig funktioniert. Je mehr er im Laufe des Tages darüber nachdenkt, desto absurder erscheint es ihm. Also packt er das alte Gerät zusammen und hinterlegt es dennoch zur Abholung an der Rezeption.

Der Lieferservice liefert den neuen Laptop noch am gleichen Tag aus und nimmt routinemäßig den alten mit. Als Kerstin den alten Laptop in der Firma sieht, fragt sie ihren Chef, was er denn mit dem defekten Ding wolle. „Das ist ein Garantiefall, Kerstin! Den schicken wir ein und bekommen einen neuen vom Hersteller dafür. Oder sollen wir auf die 1.000 Euro einfach verzichten?“ sagt er zu ihr.

In diesem Fall ist also noch einmal alles gut gegangen und nur durch die schlaue Vorgehensweise des Kunden blieb dem Unternehmen ein Schaden erspart. Doch es hätte genauso gut anders laufen können und Kerstins Vorgesetzter wäre erst beim zehnten gleichgearteten Fall dahintergekommen…

Welche Schäden richten Schlauberger an?

  • Schlauberger vermitteln ihren Kollegen, dass sie mehr anzubieten haben als sie selbst. Das führt dazu, dass sie oft nichts sagen, auch wenn sie der Meinung sind, dass der Schlauberger falsch liegt, weil er sie durch seine Art zum Zweifeln bringt. In Kerstins Fall haben vielleicht ein paar Kollegen bei dem Telefonat zugehört und dennoch hat sie niemand auf die falsche Anweisung aufmerksam gemacht. Mittelfristig kosten diese Kompetenzüberschreitungen dem Unternehmen Geld oder verhindern eventuell sogar einmal die Erschließung neuer Geschäftsfelder oder einen Vertragsabschluss mit einem neuen Großkunden.
  • Durch ihre besserwisserische Art zerstören Schlauberger einfach die Harmonie im Team. Wenn man jedes Mal, wenn man etwas fragt, eine gestelzte Antwort bekommt, platzt einem irgendwann der Kragen. In letzter Konsequenz suchen sich gute Mitarbeiter nach einem neuen Job um und wertvolles Wissen geht dem Unternehmen verloren.
  • Schlauberger untergraben zusätzlich die Autorität ihres Vorgesetzten. Wenn sie jedes Mal ihren Senf dazugeben, wenn eigentlich der Teamleiter an der Reihe wäre, den Sachverhalt zu erläutern, dann werden sich die anderen Team-Mitglieder irgendwann fragen, wer denn nun jetzt eigentlich der Boss ist.
  • Das übersteigerte Ego führt dazu, dass Schlauberger ihre Entscheidungen oft sehr schnell und unreflektiert treffen. Wenn sich diese dann hinterher als falsch oder schädlich für das Unternehmen erweisen, sind sie oft nicht mehr umkehrbar.

 Welche konkreten Handlungsempfehlungen gibt es für den Umgang mit Schlaubergern?

  • Erkläre dem Schlauberger immer die Schattenseiten seiner Handlungen. Wenn er wieder einmal divenhaft im Büro auftritt und erklärt, dass es besser ist, eine Sache so zu machen, wie er es sagt, dann nimm ihn Dir als Vorgesetzter zur Seite und geh alles konkret und sehr detailliert mit ihm durch, bis er erkennt, dass er in seinem Vorschlag vielleicht ein wenig zu impulsiv war.
  • Halte den Schlauberger an der kurzen Leine. Auch wenn das nicht Deine „normale“ Art ist, empfiehlt es sich in diesem Fall, um möglichen Schaden erst gar nicht entstehen zu lassen. Überlege Dir mittelfristig, ob er für das Unternehmen dennoch wertvoll ist und wiege Chancen und Risken genau ab. Fällt die Entscheidung zu Ungunsten des Schlaubergers, trenne Dich von ihm.
  • Wenn Du Dich nicht die ganze Zeit um den Schlauberger kümmern kannst, dann schließe ihn mit ein bis zwei erfahrenen Kollegen zusammen. Aber sei Dir der Tatsache bewusst, dass das für sie sehr frustrierend werden kann und entlaste sie regelmäßig, indem Du selbst für eine Zeit lang wieder die Beobachtung übernimmst.
  • Lobe den Schlauberger, wenn er es verdient! Klar, Kerstin hat fachlich falsch gehandelt, indem sie Herrn Berger gesagt hat, er soll den Laptop entsorgen, aber wenn Du sie dafür kritisierst, lobe sie gleichzeitig für ihren grundsätzlichen Einsatz in der Sache, damit sie auch weiterhin motiviert bleibt, Kunden zu helfen.
  • Halte Deine Schlauberger gut informiert! Normalerweise erzählt der Vorgesetzte seinen Mitarbeitern nur genau das, was sie auch wissen müssen. Dem Schlauberger ist das aber nicht genug. Er giert nach Informationen und „Insiderwissen“. Gib ihm ruhig seine ausgewählte Dosis davon. Das macht ihn auch in seinen Entscheidungen ein wenig vorsichtiger, weil er dann vielleicht größere Zusammenhänge erkennen und berücksichtigen kann. Nimm ihn ruhig auch einmal zu einem wichtigen Meeting mit. Und vergiss nicht: Schlauberger sind ja manchmal wirklich schlau und können das Unternehmen mit ihrer Intelligenz auch voranbringen.
  • Versuche nicht, den Schlauberger in ein Schema zu pressen! Er ist anders als die anderen und einfach eine Diva. Wenn er wirklich wertvoll ist, dann nimm diese Sonderbehandlung einfach in Kauf.
  • Nimm den Schlauberger bei Bedarf in die Pflicht! Wenn morgen beispielsweise wichtige Kunden zu Besuch kommen, sag ihm, wie er sich verhalten soll und was Du von ihm erwartest. Gib ihm klare Anweisungen: „Wenn der Kunde morgen eine Frage stellt, erwarte ich von Dir, dass Du nicht in der Sekunde eine Antwort darauf gibst, sondern zunächst mir die Antwort offen lässt. Wenn ich Deine fachliche Unterstützung benötige, werde ich dann das Wort an Dich übergeben!“.
  • Stelle dem Schlauberger fragen! Vielleicht ist seine Idee ja gerade wirklich genial und Du hast es einfach noch nicht erkannt. Hake also ein wenig nach und spüre der Idee auf den Grund. Daraus ergibt sich eine „Win or learn“-Situation: Entweder Du erhältst dadurch einen guten Vorschlag oder Du hast den Schlauberger entlarvt.
  • Bleibe respektvoll gegenüber dem Schlauberger! Auch wenn er nervt und sich nicht an das übliche Regelbuch im Unternehmen halten kann: er hat sich genauso Respekt wie alle anderen Kollegen verdient.

Zusammenfassend:

Es gibt Schlauberger, die sind Schaumschläger und es gibt „echte“ Schlauberger. Egal, mit welchem von beiden Du zu tun hast, eines ist klar: das ist kein „business as usual“. Halte den Schlauberger an der kurzen Leine! Diese Typen können in Windeseile großen Schaden verursachen, auf der anderen Seite das Unternehmen aber auch echt vorwärts bringen. Wenn das passiert, bist Du als sein Vorgesetzter oft der unbedankte Held, der es geschafft hat, durch Deine Management-Skills diese Ergebnisse für das Unternehmen zu bringen. Freu Dich einfach darüber und gönne ihm seinen Erfolg.

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Martin Schmidt

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