…oder Ihr seid nicht gut!
…nicht richtig!
…nicht so, wie es sein sollte!
…nicht normal!
Dieser Glaubenssatz steckt tief in mir drin. Dieser Gedanke ist mir bei meinem heutigen Morgenspaziergang gekommen. Und ich denke, dieser Glaubenssatz steckt in sehr vielen von uns. Wobei das ja schon wieder eine Vorannahme ist, die meinen Glaubenssatz ein weiteres Mal bestätigt.
Es geht also um Erwartungen!
Wir erwarten uns, dass unser Umfeld, unsere Mitmenschen genau so ticken wie wir. Wenn wir dann damit konfrontiert werden, dass das nicht so ist, fetzt es uns eine Sicherung raus. Wie kann er nur? Was schreibt sie denn da? Warum sagen sie denn das? Warum wählt er denn so? Warum isst sie denn das? Warum kauft ihr das alles? Wieso gefällt Dir dieses Lied nicht? Warum liest Sie diese Dreckszeitung? Warum, warum, warum…
Das ist auch der Grund, warum die meisten Diskussionen auf Facebook sinnlos sind. (Siehe hierfür auch den interessanten Artikel meines Freundes und Bloggerkollegen Günter: http://www.mein-zengarten.at/laudas-geld/)
Das einzige Ziel, das wir in solchen Diskussionen auf Facebook verfolgen,
ist recht zu bekommen.
Das impliziert die Fähigkeit, andere mit unseren Kommentaren ändern zu können oder sie zumindest zu einem Meinungsumschwung zu bewegen. Doch das Vorhaben ist ungefähr so aussichtsreich, wie wenn man zwei gleichgeladene Magneten versucht zusammenzuführen. Es funktioniert einfach nicht.
Interessant ist aber die Tatsache, dass sich hier Gleichgepolte abstoßen. Gibt es da vielleicht einen Zusammenhang. Wollen Diskutanten auf Facebook vielleicht ohnehin das Gleiche, merken es aber nicht? Oder finden sie einfach nicht zusammen, weil es in letzter Konsequenz auch um Sieg oder Niederlage geht?
Doch zurück zu den Erwartungen und dem Glaubenssatz, dass alle so sein müssen wie ich. Hier steckt meiner Meinung nach sehr viel Potential für Unglück und Enttäuschung drin.
Wenn ich in Diskussionen immer nur mit dem Ziel gehe, zu gewinnen (also andere von meiner Sicht der Welt zu überzeugen), dann verbaue ich mir den Weg zur eigenen Weiterentwicklung.
Ich kann ein Lied davon singen, denn ich bin ein Meister dieser Disziplin. Ich lese irgendeinen Artikel und ein paar Kommentare dazu und schon juckt es mich in den Fingern, andere mit meinen Weisheiten von der Korrektheit meines Lebensstils zu überzeugen. In nahezu allen Fällen endet es damit, dass ich nicht die Antworten auf meine Beiträge bekomme, die ich erwarte, sondern Konter. Warum? Siehe oben…
Was mache ich jetzt mit dieser Erkenntnis?
Soll ich mich jetzt von allen Erwartungen an meine Mitmenschen verabschieden?
Soll ich es akzeptieren, wenn meine Mitmenschen Tierleid durch Masssentierhaltung ignorieren?
Soll ich es akzeptieren, wenn meine Mitmenschen ihre Mitmenschen respektlos behandeln?
Soll ich es akzeptieren, wenn meine Mitmenschen mit ihrem Konsumverhalten die Erde zerstören?
Soll ich das alles akzeptieren?
Das kann ich nicht! Aber wie kann ich dann damit umgehen?
Ich weiß zumindest eines: die Vielfalt tut der Menschheit gut, auch wenn sie den einzelnen oft schmerzt. Ehrlich: wenn alle Menschen so wären wie ich, dann würde die Menschheit wohl aussterben.
Das ist zumindest eine beruhigende Erkenntnis, die Akzeptanz für Andersartigkeit erträglich macht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Und die Moral von der Geschichte: nicht alle Blog-Artikel enden mit einer Lösung für ihre Leser…