Kennst Du Richard Streich?
Wahrscheinlich nicht…dabei ist er so etwas wie eine Lichtgestalt in der Change Management-Szene. Denn von ihm stammt das 7-Phasen-Modell der emotionalen Reaktionen auf abrupte Veränderungen. Dieses Modell ist auf viele Bereiche anwendbar. Umstrukturierungen in Unternehmen, Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheitsfälle in der Familie – eigentlich überall, wo etwas passiert, mit dem man nicht gerechnet hat.
Ich habe mir gedacht, ich beschreibe die 7 Stufen an einem ganz einfachen Beispiel: stell Dir einmal vor , Deine Freundin betrügt Dich (oder von mir aus auch Dein Freund, ich bleibe jetzt aber einmal bei der Freundin).
Wir beginnen mit…
Phase 1: die Vorahnung!
Du weißt nicht, warum. Aber irgendetwas ist komisch. Dein Unterbewusstsein hat die körpereigene Alarmanlage aktiviert, weil es längst weiß, dass etwas nicht in Ordnung ist, aber dein rationales Denken will das noch nicht wahrhaben.
Woran das liegt? Weil Du in der Sekunde ungefähr 11 Millionen Eindrücke aufnimmst, Dein Gehirn aber nur ungefähr 40 davon bewusst verarbeiten kann. Der Rest wandert ungefiltert ins Unterbewusstsein. Das ist auch der Grund, warum Du auf Deinen Bauch hören solltest. Er hat einfach viel mehr Informationen zur Verfügung. Das ist in etwa vergleichbar, wie wenn Du von einem Lexikon immer nur die erste Seite lesen könntest, Du aber trotzdem weißt, was alles drinsteht.
Machen wir weiter mit…
Phase 2: der Schock!
Du hast es doch gewusst! Die Bitch betrügt Dich tatsächlich. Dein bester Freund hat sie mit einem anderen eng umschlungen in der Fußgängerzone bummeln gesehen. Dann hat er sie auch noch geküsst. Ok, das geht ja noch, aber sie ist mit ihm dann auch noch zu Saturn in die Games-Abteilung mitgegangen. Noch Fragen?
Du fühlst Dich wie gelähmt. Dein Leben, wie Du es bisher kanntest, ist so gut wie vorbei. Du weißt nicht, was die Zukunft bringt und es ist Dir im Moment auch scheißegal. Was Du im Moment brauchst, ist jemand, der Dir zuhört, ein paar Biere mit Dir trinkt und Dir bloß keine guten Ratschläge gibt. Stattdessen sollte er lieber die Biere zahlen.
Nachdem das Kopfweh ein wenig nachlässt, kommen wir langsam zu…
Phase 3: die Abwehr!
Das war doch nur ein einmaliger Ausrutscher. Sie liebt mich sicher immer noch und hat wahrscheinlich nur ein kleines Abenteuer gesucht. Vielleicht war sie ein wenig underfucked oder fühlte sich emotional nicht verstanden, als Du ihr am Dienstag um 20 Uhr erklärt hast, dass heute sicher nicht Supermodels läuft, sondern Liverpool gegen Bayern!
Aber darüber kann man doch reden. Wahrscheinlich war sie nur bei Saturn, weil sie einen zweiten Fernseher kaufen möchte, damit wir in Zukunft beide unser Lieblingsprogramm sehen können.
Insgeheim ärgerst Du Dich auch ein wenig über sie. Das ist doch alles ihre Schuld. Sie hätte ja nur einmal den Mund aufmachen müssen und dann hätte man auch über alles reden können. Aber nein, sie haut gleich mit dem erstbesten Arschloch ab und lässt sich flachlegen. Du bist der Meinung, dass es größtenteils nicht an Dir lag, aber wenn es so sein soll, dann soll es eben so sein.
Phase 4: die rationale Akzeptanz!
Gestern war die Schlampe echt bei Dir und hat Dir die ganze Sache gebeichtet. Nachdem Du sie gefragt hast, wie es jetzt weitergehen soll, hat sie nur mit der Schulter gezuckt. Dann hat sie ein paar Sachen mitgenommen und ist (angeblich) zu ihrer besten Freundin gefahren, weil sie die nächsten Tage dort pennen möchte, um ihren Kopf klar zu bekommen.
Insgeheim weißt Du jetzt: die Sache ist vorbei! Allein, wie sie Dich dabei angesehen hat. Soll sie doch abhauen, aber am besten gleich. Du schreibst ihr eine Nachricht, dass sie sich besser ihren restlichen Krempel auch gleich holen soll, weil Du keinen Bock auf den ganzen Scheiß hast.
Nachdem sie die Sachen tatsächlich abgeholt hat, rufst Du wieder einmal Deinen Kumpel an und gehst auf ein Frustbier mit ihm. Acht Frustbiere später textest Du an sie, dass Dir alles leid tut und sie doch wieder zurückkommen soll. Als daraufhin zwei Tage keine Antwort zurückkommt, hörst Du auf, an ein technisches Versagen Deines Telefons zu glauben und akzeptierst, dass es vorbei ist. Das führt Dich geradewegs in…
Phase 5: die emotionale Akzeptanz!
Du rastest aus, weil die Wohnung und vor allem Dein Bett so leer sind, aber Dich trotzdem noch alles in der Wohnung an sie erinnert. Du bist jetzt auf Deinem emotionalen Tiefpunkt, im „Tal der Tränen!“. In den letzten Tagen mussten schon mehrere Flaschen Wein herhalten, mit denen Du Dich in der Wohnung eingeigelt hast. Zunächst hast Du noch „Fight for your right!“ von den Beastie Boys gehört, der Abend endete dann aber mit „Goodbye my Lover“ von James Blunt und alkoholgeschwängerten Tränen.
In diesem Moment beschließt Du, ihre restlichen Kosmetika aus dem Badezimmerschrank zu holen und sie feierlich zu verbrennen. Sicherheitshalber legst Du auch noch ihr Lieblings-T-Shirt und den Flat Eric, den Du ihr auf dem Jahrmarkt geschossen hast, dazu. Weg mit dem ganzen Krempel. Burn, Motherfucker, Burn!
Gott, hat das gut getan! Jetzt ist endlich Zeit für…
Phase 6: die Öffnung!
Seitdem Du Dich rituell von Deinem alten Leben verabschiedet hast, geht es Dir viel besser. Da Du weißt, dass die Kleine aus der Personalabteilung schon lange ein Auge auf Dich geworfen hat, fragst Du sie, ob sie mit Dir am Abend ins Kino gehen mag. Der Film war zwar sterbenslangweilig, aber dafür seid ihr euch auf den engen Sitzen ein wenig nähergekommen.
Du gehst noch mit auf einen kurzen Absacker zu ihr, der damit endet, dass Ihr Euch die Seele aus dem Leib vögelt. Danach packst Du Deine Sachen und gehst heim. Du hast es also noch drauf und bist bereit für neue Schandtaten. Damit ist Zeit für…
Phase 7: die Integration!
Nachdem Du draufgekommen bist, dass Dich auch noch 2 bis 3 andere ganz niedlich finden und Du auch mit denen das Kinoprogramm durchgezogen hast, wird Dir die Vögelei langsam langweilig. Allerdings hast Du es damit ganz gut hinbekommen, nach vorne zu sehen.
Du weißt nun, was Du willst. Eine neue Freundin, die Deine Interessen teilt, mit der Du gut reden kannst und der Du auch vertrauen kannst. Gestern hat übrigens eine neue Kollegin bei Dir in der Abteilung angefangen. Sie trug an ihrem ersten Arbeitstag ein Liverpool-Shirt. Eigenartiges Girl…